Vor kurzem hatte ich hier die ungewollte Botschaft eines Tortendiagramms zum Zusammenspiel verschiedener Ursachen vorzeitiger Sterblichkeit kommentiert. Auch Liniendiagramme können plauderiger sein als nötig. In einem Beitrag der Zeitschrift Surplus über eine ZEW-Studie zu Einkommensverlusten bei Müttern nach der Geburt eines Kindes werden die zentralen Ergebnisse so präsentiert:

Auch hier sagt das Bild hilfreich wieder mehr als 1.000 Worte. Der Einkommensverlust ist beeindruckend und, so die ZEW-Autor:innen Valentina Melentyeva und Lukas Riedel, deutlich größer als bisher angenommen. Interessant ist auch, das nur nebenbei, dass sich bei Vätern keine vergleichbaren Einkommensverluste zeigen. Bei Vätern werden wohl sogar „Vaterschaftsprämien“ diskutiert: manche Männer konzentrieren sich nach der Geburt von Kindern ganz besonders auf ihren Beruf. Den Müll tragen die meisten sicher trotzdem noch raus.
Zumindest bei flüchtiger Betrachtung sagt das Bild aber auch mehr als die 1.000 Worte, die es uns erspart. Die durchgezogenen Linien suggerieren nämlich kontinuierliche Gehaltsveränderungen, obwohl der Analyse Jahresdaten zugrunde liegen. So könnte man meinen, dass schon im Jahr vor der Geburt das Einkommen der Mütter zurückging. Von der Sache her wäre das durchaus plausibel, wenn die schwangeren Frauen z.B. ihre Arbeitszeit reduziert haben.
Auch die ZEW-Studie selbst bildet die Einkommensverluste mit Liniendiagrammen ab, indem sie die Datenpunkte linear verbindet. Surplus verstärkt den leicht irreführenden Bildeffekt noch etwas, weil es die Daten als Flourish Chart mit einem höhergradigen Polynom wiedergibt, mit sichtbaren Veränderungen zwischen den Jahresdaten.
Der wichtigen Botschaft tut dies in diesem Fall aber keinen Abbruch. Die Geburt eines Kindes verändert die Einkommenssituation von Frauen in relevantem Ausmaß, mit Folgen bis zu den Renten. Das gleicht vermutlich auch keine Mütterrente mehr aus.
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