Die Verteidigungsausgaben Deutschlands sind seit langem ein politisches Top-Thema, vor allem seit dem Ukrainekrieg und ganz aktuell seit dem Überfall der Hamas auf Israel. 100 Mrd. Sondervermögen für die Bundeswehr hat Kanzler Scholz im vergangenen Jahr bereitgestellt, und angekündigt, künftig die in der NATO angestrebten 2 % Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) auch wirklich aufzubringen.
2021 waren es lt. SIPRI 1,33 %, wenig im Vergleich zu manchen osteuropäischen NATO-Nachbarn wie Polen mit 2,33 % oder auch den baltischen Staaten. Unter 149 Ländern mit vollständigen Angaben bei SIPRI lag Deutschland mit den 1,33 % auf Rang 87. Die ersten fünf Rangplätze belegten Saudi-Arabien (7,57 %), Kuweit (6,59 %), Oman (6,56 %), Katar (6,45 %) und Algerien (5,59 %).
Aber ist der Anteil am BIP überhaupt ein guter Maßstab? Steigt die Wertschöpfung unserer Wirtschaft stark, sinkt der Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP womöglich selbst dann, wenn er absolut betrachtet auch steigt, aber eben weniger stark als die Wertschöpfung der Wirtschaft.
Das Bild sieht ganz anders aus, wenn die Verteidigungsausgaben pro Kopf betrachtet. Da springt Deutschland mit 673,6 Dollar pro Kopf auf Rangplatz 21. Die ersten fünf Rangplätze belegten Katar (3.955,4), Israel (2.769,2), die USA (2.429,1), Kuweit (2.084,6) und Singapur (1.874,6). Polen liegt jetzt mit 399,8 Dollar pro Kopf deutlich hinter Deutschland, wie auch die baltischen Staaten. Allerdings liegen auch gemessen an den Pro-Kopf-Ausgaben viele NATO-Vergleich vor Deutschland. Die NATO gibt im internationalen Vergleich einfach viel Geld für ihr Militär aus.
Und gäbe Deutschland 2 % seines BIP für Verteidigung aus, wie es beschlossen ist, lägen die Pro-Kopf-Ausgaben bei 1.012,9 Dollar – und Deutschland stünde bei dieser Kennziffer auf Platz 11 der 149 Länder in der SIPRI-Liste. In der NATO lägen nur noch Norwegen und die USA weiter vorn.
Eine ganz andere Frage ist natürlich, wie viel Geld für äußeren Frieden nötig ist, angesichts der Krisen und Kriege in der Welt und in Europa, und ob das Geld effizient eingesetzt wird oder unnötig viel in den diversen Bermuda-Dreiecken des Beschaffungswesens versickert. Und mindestens genauso wichtig ist die Frage, ob Deutschland für seine sozialen Aufgaben, also den sozialen Frieden, genug aufbringt: für Wohnungsbau, Pflege, Bildung usw. Eine Frage, die viele hierzulande wohl mit einem klaren „Nein“ beantworten würden.
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Dieser Beitrag erschien zuerst bei Makroskop: https://makroskop.eu/38-2023/sicherheit-und-sozialer-frieden/
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